Normandie 1944
Das Geschehen an der Südflanke des UTAH Brückenkopfes
Die frühzeitige Vereinigung der beiden Brückenköpfe UTAH und OMAHA war eines der erklärten Operationsziele von Operation Neptune. Da der starke Widerstand der 352. Infanterie-Division im OMAHA Sektor ein rasches Vordringen des dort gelandeten US V Corps (und die damit verbundene Verbindung mit dem VII Corps) nach Westen verhinderte, wuchs bei Lieutenant General Omar Bradley, dem Kommandeur der US First Army, die Befürchtung, dass die Deutschen mit starken Kräften in die noch immer klaffende Lücke zwischen den beiden amerikanischen Landungsköpfen stoßen und so den angestrebten Zusammenschluss zu einem großen Brückenkopf verhindern könnten. Am 7. Juni gab Lieutenant General Bradly nach einer Lagebesprechung die Befehle, um die Vereinigung der beiden US Corps herbeizuführen: das VII Corps sollte Carentan einnehmen während das V Corps durch Isigny-sur-Mer nach Westen vorstoßen sollte.
Noch am Abend wurden die neuen Anweisungen vom VII Corps (Major General Lawton J. Collins) an die 101st AB unter Major General Taylor weitergegeben. Letzterer befahl Colonel Sink, 506th PIR, am folgenden Morgen mit vier Bataillonen (1st und 2nd Bn, 506th PIR, 3rd Bn, 501st PIR sowie 1st Bn, 401st GIR) von ihren Ausgangsstellungen über Beaumont und Les Droueries nach St-Côme-du-Mont vorzustoßen, den Ort einzunehmen und anschließend über die Route Nationale 13 (mit den vier Brücken über die Gewässer La Jourdan, la Douve, la Groult und la Madeleine) nach Carentan vorzudringen und den Ort einzunehmen. Nach einem schweren Artilleriebombardement auf St-Côme-du-Mont, das von Teilen des III./GR 1058 und 2 Kompanien des III./FJR 6 verteidigt wurde, griffen die Amerikaner gegen 05:00 morgens am 8. Juni an. Das III./GR 1058 zeigte bereits während des Artilleriebeschusses erste Auflösungserscheinungen und begann sich in Richtung Westen abzusetzen. Major von der Heydte, Kommandeur des FJR 6 sowie aller anderen in diesem Raum noch verbliebenen deutschen Verbände, befahl nun allen noch über Funk erreichbaren Einheiten, sich schleunigst nach Carentan zurückzuziehen. Dies gelang neben den beiden Kompanien des im Ort liegenden III./FJR 6 auch dem II./FJR 6, das weiter nördlich bei Houesville in einer Riegelstellung lag. Von der Heydte organisierte nun eine neue Verteidigungslinie am Nordrand von Carentan, während die 101st AB sich ihrerseits auf den Angriff auf die Stadt vorbereitete.
Am 10. Juni um 01:45 überschritt das 327th GIR (plus das angegliederte 1st Bn, 401st GIR) bei Brevands den Unterlauf der Douve, um von Osten her auf Carentan vorzustoßen. Gleichzeitig startete das 502nd PIR von Norden aus den Angriff. Es hatte den Befehl erhalten, über die N 13 auf Carentan vorstoßen und nach Überschreiten der 4. Brücke in Richtung Südwesten abzudrehen, die Stadt in südlicher Richtung zu umgehen und bei der kleinen Ortschaft la Billonnerie den Hügel 30 zu besetzen. Von la Billonnerie aus sollte dann das zwischenzeitlich nachgerückte 506th PIR nach Carentan hineinstoßen, während gleichzeitig die Einheiten des 325th GIR von Osten in die Stadt vordringen sollten.
Trotz größter Verluste gelang es dem 502nd PIR bis zum Morgen des 11. Juni über die vier Brücken (dieser nur wenige hundert Meter lange Abschnitt der N 13 wird aufgrund der hohen Verluste der Amerikaner in Anlehnung an den Orden Purple Heart, der für Verwundungen verliehen wird, heute Purple Heart Lane genannt) bis zum Nordrand von Carentan vorzustoßen. Dort wurde das den Angriff anführende 3rd Bn, 505nd PIR, durch starkes Abwehrfeuer aus einem Gehöft aufgehalten. Die in dem Gehöft liegenden Fallschirmjäger des FJR 6 konnten erst durch einen mit aufgepflanztem Bajonett ausge-führten Frontalangriff der Amerikaner aus ihren Stellungen geworfen und zurückgedrängt werden (der Bataillonskommandeur Lieutenant Colonel Cole wurde für diesen Angriff posthum mit der Medal of Honor ausgezeichnet).
Am Abend des 11. Juni wurden die erschöpften Einheiten des 502th PIR (1st und 2nd Bn) durch das 506th PIR unter Colonel Sink abgelöst, der den Angriff in Richtung la Billonnerie gegen nachlassenden deutschen Widerstand fortsetzte und die Höhe 30 am Morgen des 12. Juni erreichte. In der Nacht wurde auch das 501st PIR aus seiner Position nördlich der Douve über den Fluss in den Raum südlich von Carentan verlegt, um den Ring um die Stadt zu schließen. Nachdem Carentan zur Vorbereitung des Angriffes bereits in der Nacht mehrere Stunden von schwerer Artillerie beschossen worden war, drangen die Amerikaner von Osten und Westen in die Stadt ein und konnten Carentan bis zum Mittag einnehmen, ohne auf größeren deutschen Widerstand zu stoßen. Unbemerkt von den Amerikanern hatte sich das FJR 6 in der Nacht zum 12. Juni in Richtung Südwesten abgesetzt, nachdem die eigenen Munitionsvorräte erschöpft waren und weitere Gegenwehr sinnlos geworden war.
Zeitgleich mit der Einnahme von Carentan gelang es einer Kompanie des 1st Bn, 401st GIR, bei Auville-sur-le-Vey mit Vorauseinheiten des 175th IR, 29th ID, Kontakt aufzunehmen und somit eine erste, wenn auch schwache Verbindung mit dem US V Corps herzustellen.
Mit der Einnahme Carentans hielten die Amerikaner das zentrale Verbindungsglied für den Zusammenschluss der beiden amerikanischen Brückenköpfe UTAH und OMAHA in ihren Händen. Nun ging es darum, die unter hohen Opfern erkämpfte Ausgangsposition zu sichern, nach Süden und Osten hin schnellstmöglich auszuweiten und damit die Verbindung des VII mit dem V Corps zu ermöglichen.
Nachdem Colonel Sink am 8. Juni St-Come-du-Mont eingenommen hatte, griffen am 10. Juni das 3/502nd PIR under Lieutenant Colonel Robert Cole sowie das 327th GIR von Norden bzw. Südosten Carentan an. Nach harten Kämpfen gelang es den US- Truppen am Vormittag des 12. Juni Carentan einzunehmen, die Stadt war in der Nacht zuvor bereits von Major von der Heydtes FJR 6 geräumt worden.
