Kämpfe im Nordwesten des Cotentin – Cap de la Hague

Da die 9th ID seit dem 19. Juni, dem Beginn des Vorstoßes auf Cherbourg, auf dem linken, d. h. westlichen Flügel des US VII Corps gekämpft hatte, war es die logische Konsequenz, dass die Division nach dem Ende der Kämpfe in Cherbourg auch die Halbinsel Jobourg (Cap de la Hague) befreien sollte.

Auf der von der Wehrmacht als „Halbinsel Jobourg“ bezeichneten Halbinsel im äußersten Nordwesten des Cotentin hatten sich nach Schätzungen der US-Aufklärung rund 3.000 deutsche Soldaten zurückgezogen, die in zwei Kampfgruppen unter den Oberstleutnanten Franz Müller (Reste des GR 922) und Günther Keil (Reste des GR 919 sowie des Maschinengewehr-Bataillon 17) aufgestellt waren. Neben den GR 922 und 919, die das Rückrad der deutschen Verteidigung darstellten, umfass­ten die beiden Kampfgruppen noch hunderte von im Infanteriekampf unerfahrenen Männern aus aufgelösten Artillerie- und Nachschubeinheiten, die jedoch nur geringen Kampfwert besaßen. Nach Aussagen von Kriegsgefangenen war die Moral der deutschen Truppen schlecht, kaum jemand wollte in einem bereits als verloren angesehenen Kampf noch Leib und Leben riskieren.

Die deutschen Truppen hielten bis zum Nachmittag des 26. Juni eine rund 10 km lange Verteidigungslinie besetzt, die von Vauville im Süden über Ste. Croix-Hague bis nach Henneville (heute Hainneville) im Norden reichte. Vermutlich in Folge der Kapitulation Generalleutnant von Schliebens in Cherbourg, das das nahende Ende der Kämpfe in der Stadt ankündigte, begradigten die Deutschen am Spätnachmittag des 26. Juni ihre Linie und nahmen ihre Einheiten auf die Linie Vauville-Branville-Querqueville zurück.

Als Reaktion auf diese Frontverkürzung stieß das 60th IR in den freigewordenen Raum nach und nahm bis zum Morgen des 27. Juni das nicht verteidigte Ste. Croix-Hague ein. Im Laufe des Tages überraschten Aufklärungspatrouillen des 60th IR zwei sich auf dem Rück­zug befindende deutsche Batterietrosse an der Kreuzung Carrefour de Mautalon (D152/D16) südlich von Tonneville und eroberten vier 10,5 cm Haubitzen sowie drei 8,8 cm Flakgeschütze. Die 9th ID nutzte nun den 27. und 28. Juni, um sich für den für den 29. Juni befohlenen Angriff in Stellung zu bringen. Das 47th IR sammelte sich im Raum Henneville am 28. Juni, nachdem es im Westteil von Cherbourg durch das 8th IR, 4th ID, abgelöst worden war. Die 4th ID löste vorrübergehend die in Cherbourg stehenden Einheiten der 9th und 79th IDs ab, bevor sie Anfang Juli selbst von der 101st Airborne Division abgelöst und nach Süden verlegt wurde. Während das abgelöste 47th IR in seinen Sammelraum bei Henneville marschierte wurden die Einheiten der 79th ID unmittelbar nach Süden verlegt und dort an der Südflanke des Cotentin Brückenkopfes dem US VIII Corps (Major General Middleton) unterstellt.

Patrouillen des 47th IR stießen bereits am 27. Juni bis nach Querqueville und dem Flugfeld Quer­queville vor und nahmen dort sowie im Raum Henneville über 300 Gefangene. Die bei Querqueville gelegene 2./Marine-Artillerie-Abteilung 260; Stützpunkt Stp-277 „York“ war von ihrer Garnison kurz nach der Kapitulation Cherbourgs bereits aufgegeben worden. Das 60th IR lag seit dem Morgen des 27. Juni bereits in Ste. Croix-Hague, von wo aus der Angriff am 29. Juni erfolgen sollte. Das 39th IR wurde zunächst in Reserve gehalten und sammelte sich am Abend des 27. Juni im Raum westlich von Octeville.

Während sich die Einheiten der 9th ID in Ihre Angriffspositionen begaben, entwickelte sich ein heftiges Artillerieduell mit den beiden bei Auderville gelegenen deutschen Batterien 1./H.K.A.R. 1262 (Stp-351 La Roche, 6 x 15,5-cm K 416 (f), 1 x 15-cm S.K. L/45 LG, 1 x 7,62-cm FK (r) ) und 3./H.K.A.R. 1262 (Stp-3562, 2 x 20,3-cm Eisenbahngeschütze S.K. C/34, 2 x 15,5-cm schwere Feldhaubitzen 414 (f) ), die den in ihre Versammlungsräume marschierenden US-Truppen erheblich zusetzten.

Insbesondere die beiden gewaltigen Eisenbahngeschütze der 3./H.K.A.R. 1262 hatten in den vergangenen Wochen mit ihrer Reichweite von 36,4 km schon häufig die vorrückenden US-Truppen im Nordteil des Cotentin unter Feuer genommen (die Geschütze reichten von Ihrem Standpunkt im Stp-352 bis fast nach Valognes, einigen Quellen nach sollen die Geschütze sogar in den Tagen unmittelbar nach dem D-Day von vorgeschobenen Positionen auch auf die am UTAH Beach landenden US-Truppen gefeuert haben) und stellten eine ständige Bedrohung dar. Offenbar waren diese beiden Geschütze auch am 25. Juni an dem Gefecht mit mehreren Kriegsschiffen der Alliierten beteiligt (siehe oben).

Der Vorstoß auf das Cap de la Hague, 28. Juni - 1. Juli 1944
Der Vorstoß auf das Cap de la Hague, 28. Juni - 1. Juli 1944

Die Befehle für den Angriff auf die Halbinsel Jobourg sahen vor, dass die 4th Cavalry Squadron in einem schmalen Korridor entlang der Südküste der Halbinsel Jobourg, das 60th IR beiderseits entlang der heutigen D 901 und das 47th IR entlang der Nordküste vorstoßen sollten.

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