11. Juli

Am Abend des 10. Juli wussten die Amerikaner noch nicht, dass Generalleutnant Fritz Bayerleins Panzer-Lehr-Division im Laufe des 10. Juli westlich der Vire eingetroffen war und für den 11. Juli einen groß angelegten Gegenangriff plante. Dieser Angriff hatte das Ziel, die Amerikaner aus ihrem Brückenkopf im Vire – Taute Kampfraum zu werfen. Zwar hatte die Panzer-Lehr-Division in ihrem bisherigen vierwöchigen Kampfeinsatz im britischen Sektor erhebliche Verluste erlitten, z. B. waren nur rund 100 ihrer ursprünglichen Panzer- kampfwagen und Sturmgeschütze einsatzbereit, der Vorzei­ge­verband des Heeres stellte dennoch noch immer eine formidable, hervorragend ausgebildete Kampfeinheit dar, die jeden Gegner in beträchtliche Schwierigkeiten bringen konnte.

Bayerleins Plan sah vor, dass das Panzergrenadier-Lehr-Regiment 901 (Kampfgruppe Oberst Georg Scholze, Kdr. Pz.Gren.Rgt. 901) mit Unterstützung durch 30 Panzer­kampf- wagen V Panther der I./Pz.Rgt. 6 (der Panzer-Lehr-Division wurde als Ersatz für die feh­lende I./Pz.Lehr-Rgt. 130 von der 6. Panzer-Division die I./Pz.Rgt. 6 unter­stellt), von le Hommet-d´Arthenay (2,3 Km südwestlich von Le Dézert) ausge­hend auf St-Jean-de-Daye vorstoßen sollte. Weiter östlich sollte eine um das Panzer­grenadier-Lehr-Regiment 902 gebil­dete Kampfgruppe (Kampfgruppe Major Welsch, Kdr. Pz.Gren.Rgt. 902) von Pont-Hébert aus auf St-Fromond vor­sto­ßen und dort die Brücke über die Vire entweder zurück erobern oder zerstören.

Um der US-Luftaufklärung bzw. der US-Jagdbomber-Plage zu entgehen sollte der Angriff mitten in der Nacht beginnen. Bayerlein hoffte, dass die beiden deutschen Kampfgruppen bei Tagesanbruch schon so stark in Nahkämpfe mit den Amerikanern verwickelt waren, dass die gegnerische Artillerie und Kampfflug­zeuge nicht eingreifen konnten, wollten sie nicht Gefahr laufen, die eigenen Truppen zu treffen. Wenn alles nach Plan ging, dann sollte der US-Brückenkopf südlich des Vire-Taute Kanals am Abend des 11. Juli bereinigt sein. Dies würde die unmittelbar größte Gefahr von St-Lô abwenden und einige deutsche Trup- penteile für den Einsatz an anderen Brennpunkten freisetzen.

Die Verlegung der Panzer-Lehr-Division aus dem britischen Sektor in Richtung St-Lô war von der Auf­klärung der Alliierten erkannt und beobachtet worden, eine dementsprechende Warnung war am 10. Juli an die 21st Army Group gesendet worden. Obwohl das XIX Corps informiert worden war und daher vor einem möglichen Gegenschlag gewarnt worden war, wurden aus nicht bekannten Gründen keine spezifischen Informationen über mögliche Angriffsszenarien an die US-Kampfeinheiten weiter­ge­leitet.

Bereits um Mitternacht des 10. Juli meldete das im Raum Le Dézert liegende 39th IR, 9th ID, dass südwestlich von Le Dézert Motorengeräusche und Kettengerassel zu vernehmen war. Gegen 01:45 trat die Kampfgruppe des Panzergrenadier-Lehr-Regiments 901 zum Angriff an. Die deutsche Kampf­gruppe, die von le Hommet-d´Arthenay ausgehend entlang der D 8 auf le Dézert vorrückte, stieß damit in eine nur von einer Schützenkompanie gehaltene, rund 1,6 Km breite Frontlücke, die zwischen den 39th und 47th IR, 9th ID, bestand. Flankiert wurde die deutsche Kampfgruppe durch die Fallschirm-Aufklärungs-Abteilung 12, Truppen des I./SS-Pz.Gren.Rgt. 38, sowie die Kampf­gruppe Wisliceny. Nach kurzer Zeit hatten die Deutschen den Gefechtsstand des nördlich der D 8 liegenden 3rd Bn, 47th IR, überrannt und drängten das 1st Bn, 39th IR, entlang der D 8 in Richtung le Dézert zurück. Nach wenigen Hundert Metern schwenkte die Unterkampfgruppe Schöne (Major Schöne mit dem II. Bataillon, Panzergre­nadier-Lehr-Regiment 901 mit rund einem Dutzend Panthern der 2. und 4./Pz.Rgt. 6) nördlich auf die D 445 ab und stieß in Richtung Mesnil-Véneron vor.

Nachdem die Unterkampfgruppe Schöne auf der D 445 nach Nordwesten abgebogen war, mar­schier­te die zweite Unter­kampfgruppe, Unterkampfgruppe Philipps (I./Pz.Gren.-Lehr-Rgt. 901, 7./Pz.Gren.-Lehr-Rgt. 901 sowie mehrere Panther der 3./Pz.Rgt. 6) weiter auf der D 8 in Richtung Le Dézert. Am westlichen Ortsrand bogen drei Panther der Gruppe Philipps nach Nordwesten auf die D 257 in Richtung le Perry ab, 10 Panther und zwei Kompanien Grenadiere versuchten auf der D 545 über Belle-Eau auf la Perrine vorzudringen. Zwei weitere Gruppen (Grenadiere und Panther Panzer) drangen auf der D 8 in Richtung le Fleurion (Kreuzung D 8 mit N 174) vor bzw. bogen in der Ortsmitte von le Dézert auf die D 389 ab, um über la Fauvellerie in Richtung N 174 und St-Jean-de-Daye vorzurücken. Als das Ausmaß und die Stoßrichtung des deutschen Angriffes erkannt worden war, begannen die Gegenmaßnahmen der 9th ID gegen 03:00 anzulaufen. Das 899th Tank Destroyer Battalion und Ein­hei­ten der 39th und 47th IR begannen, sich an strategisch wichtigen Straßen- kreuzungen im Raum la Caplainerie – La Charlemagnerie sowie östlich von Le Dézert in Stellung zu bringen.

10. - 11. Juli Angriff der Panzer-Lehr-Division
10. - 11. Juli Angriff der Panzer-Lehr-Division

Die nebenstehende Karte zeigt im Westen im Raum le Dezert den Vorstoß der Kampfgruppe Scholze, die sich nach Angriffsbeginn in die beiden Unterkampfgruppen Schöne und Philips aufteilte. Kampfgruppe Philip wurde im Raum le Dezert abgeschnitten und völlig aufgerieben, von Kampfgruppe Schöne konnten sich im einige truppenteile aus dem Raum la Charlemenerie zu den eigenen Linien zurückkämpfen.

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