Auderville-Laye Heeres-Küsten-Batterie 3./1262

Im Jahre 1940 wurden in Essen mehrere Kanonen vom Typ 20,3 cm S.K.C/34 für die gerade im Bau befindlichen Kreuzer Lützow und Seydlitz gefertigt. Acht dieser gewaltigen Kanonen sollten in die vier Geschütztürme der Lützow eingebaut werden, die Lützow sollte anschließend an die UDSSR verkauft werden.

Der Verkauf der Lützow war das Ergebnis des 1933 zwischen dem 3. Reich und der UDSSR geschlossenen Nichtangriffspaktes und diente als Gegenleistung für die russischen Waffenlieferungen, mit deren Hilfe das 3. Reich in den 30iger Jahren die Reichswehr heimlich aufzurüsten versuchte. Die Lützow wurde am 10. Februar 1940 an Russland verkauft, obwohl die Antriebsanlage noch nicht installiert und die Lützow damit nicht fahrbereit war. Auch waren bis dahin nur zwei der acht Geschütze eingebaut worden. Im April 1940 wurde das Schiff von mehreren Hochsee-Schleppern nach Leningrad überführt, wo das Schiff anschließend mit Hilfe von 70 deutschen Werftarbeitern fertiggestellt werden sollte. Da das 3. Reich ab Dezember 1940 bereits den Angriff auf die UDSSR vorbereitete, wurden die für die Fertigstellung der Lützow notwendigen Materiallieferungen ab diesem Zeitpunkt allmählich gedrosselt und im Frühjarh 1941 schließlich ganz eingestellt, auch wurden alle deutschen Arbeiter bis Juni 1941 ins Reich zurückgerufen.

Da auch die noch zu installierenden restlichen sechs 23 cm Geschütze nicht an die UDSSR geliefert worden waren, wurde entschieden, diese leistungsfähigen Kanonen im Rahmen von sogenannten Eisenbahnbatterien einer neuen Verwendung im Landkrieg zuzuführen.

Zwei dieser Geschütze wurden zur Aufstellung der Eisenbahnbatterie E.685 herangezogen, die ab dem Mai 1942 auf dem Bahnhof von Barneville-sur-Mer in Stellung gebracht wurde. Die Batterie sollte von dort die Westküste des Cotentin sowie aufgrund ihrer Reichweite von 36 km auch den Vorküstenbereich zwischen den Inseln Alderney und Jersey sichern. Ende 1942 wurde der Befehl erteilt, die Batterie nach Auderville Laye am äußerten westlichen Zipfel der Halbinsel la Hague zu verlegen.

Die beiden Kanonen wurden hierzu zunächst per Eisenbahn nach Carentan und dann über Montebourg Station und Valognes zum Bahnhof von Cherbourg transportiert. In Cherbourg wurden die beiden Eisenbahngeschütze auf 12-achsige Tieflader vom Typ RW 60 Gotha verladen, die von zwei schweren Kälble Zugmaschinen dann zur Batteriestellung bei Auderville geschleppt wurden. Dort wurden die beiden Geschütze vorsichtig auf eine Eisenbahnschiene herabgelassen und auf jeweils eine Voegele Drehscheibe gerollt. Beide Drehscheiben waren circa 80 m voneinander entfernt, die Geschütze konnten auf diesen Drehscheiben (die Drehscheiben hatten einen Durchmesser von circa 35 m, ähnlich derer, die heute noch für Lokomotiven in einem Eisenbahndepot zu finden sind) innerhalb von wenigen Minuten um 360 Grad gedreht werden und daher in alle Himmelsrichtungen feuern. Die Batterie wurde zur Fliegerabwehr durch vier 2 cm Flakgeschütze sowie für den Erdkampf durch zwei schwere Feldhaubitzen vom Typ 15,5 cm s.F.H414 (f) komplettiert.

Die Batterie feuerte in den letzten Tagen der Kämpfe auf dem Cotentin immer wieder auf die in Richtung Cap de la Hague vorrückenden Verbände der 9th Infantry Division, ohne deren Vormarsch jedoch entscheidend stören zu können.

Am 28. Juni wurde die Batterie durch einen schweren Luftangriff (P-47 Thunderbolt Jagdbomber und B-26 Marauder Bomber) schwer getroffen, beide Geschütze wurden dabei stark beschädigt und waren in der Folge nicht mehr feuerbereit.

Am 1. Juli gegen 04:00 morgens näherte sich das 3rd Bn, 47th IR, der Batterie von Osten her, die demoralisierte, 300 Mann starke deutsche Besatzung streckte daraufhin die Waffen und ergab sich.

Obwohl auch die Überreste dieser Batterie (GPS N49° 42' 5.807" W1° 55' 49.775") auf privatem Weideland liegen, ist sie dennoch leicht zugänglich, einem Besuch steht daher nichts im Wege.

 

Auderville-Laye Tunnelsystem

750 m südwestlich der Überreste der ehemaligen H.K.B 3./1262 befindet sich am südlichen Ortsausgang von Laye der Eingang zu einem mysteriösen Tunnelsystem, das von der Hauptstraße des Ortes mitten hinein in die westlich von Laye gelegene Steil- und Klippenküste führt. Von dort bieten sich spektakuläre Ausblicke auf die Baie D'Eclagrain, an klaren Tagen lassen sich in der Ferne sogar die beiden Kanalinseln Sark und Alderney erkennen.

Die Gründe für den Bau des Tunnelsystems sind leider nicht eindeutig klar, spekuliert wird, dass der Tunnel als Zugang für eine auf den Klippen installierte deutsche Flakbatterie gedient haben könnte.

Tatsächlich befinden sich in den Felsklippen halbkreisförmige Geschützbettungen, in denen die Flakgeschütze positioniert gewesen sein könnten. Darüber hinaus weist der Tunnel zwei große Lagerräume auf, die beide in nördlicher Richtung vom Tunnelgang abzweigen. Hierbei könnte es sich um Mannschaftsquartiere und/oder Munitionslager gehandelt haben. Auch die vom Tunnelausgang zu den Klippen hinaufführenden Treppen sind breiter als gemeinhin üblich, dies könnte ein Indiz dafür sein, dass über die Treppe Muni- tionskisten zu den Flakgeschützen geschleppt werden mussten, was in der Regel nur von zwei nebeneinander laufenden Soldaten zu bewerkstelligen war.

Der Tunnel ist auch heute noch durchgängig begehbar (die beiden Lagerräume sind jedoch nicht zugänglich), der Tunneleingang liegt ein wenig versteckt, ist jedoch anhand der GPS Koordinaten(GPS N49° 41' 57.642" W1° 56' 17.74")leicht zu finden. Es empfiehlt sich dringend, den Tunnel nur mit einer Taschenlampe und am besten zu zweit aufzusuchen.