Entgegen den Hoffnungen der US-Generalität hatte der Luftangriff nicht die gewünschte Zerstörungswirkung. Trotz der mehr als 1.000 eingesetzten Kampfflugzeuge wurden nur rund 1.100 Tonnen Bomben auf ein vergleichsweise großes Zielgebiet von circa 30 Quadratkilometern abgeworfen, von einem „Carpet Bombing“ (Flächenbombardement), wie es fünf Wochen später die Panzer-Lehr-Division westlich von St-Lô zum Auftakt der Operation COBRA zer­malmen sollte, konnte nicht die Rede sein. Nur wenige Stellungen waren wirksam getroffen und schwer beschädigt oder gar zerstört worden, jedoch wurden die deutschen Versor­gungslinien wirksam unterbrochen und die Moral der den Luftangriffen in ihren Stellungen hilflos aus­ge­lieferten deut­schen Landser weiter erschüttert.

Die 9th ID griff am Nachmittag des 22. Juni gegen 14:00 mit dem 60th IR in Richtung Flotte­manville-Hague an, das 47th IR stieß in Richtung der westlich des Bois du Mont du Roc gele­genen Höhe 171 vor, während das 39th IR im Raum Helleville zunächst als Reserve zurückge­hal­ten wurde. Da die deutschen Verteidigungs­anlagen durch das vorausgegangene Luft- und Artillerie­bombarde­ment zum Teil schwer getroffen waren, konnten die vorstoßenden US-Einheiten zunächst erhebliche Gelände­gewinne erzielen. Innerhalb einer halben Stunde hatte das 2nd Bn, 47th IR, die Kreuzung 114 (le Carrefour des Pelles) genom­men, das 3rd Bn, 47th IR, war bis auf Höhe von Baudienville vorgestoßen und das 1st Bn, 47th IR, hatte nach einer Stunde den Bachlauf des Ruisseau de Houelbecq östlich von Baudienville überschritten. Gegen 19:00 hatten die Amerikaner dann den Südhang von Höhe 171 erreicht. Da das 47th IR bei seinem Vorstoß im Laufe des Nachmittages eine Reihe stark befestigter deutscher Stellungen nördlich und südlich der Kreuzung 114 kampflos umgangen hatte, mussten vor dem entscheidenden Angriff auf Höhe 171 zunächst diese deutschen Stellun­gen ausgeschaltet werden, da sie die Flanken der Amerikaner bedroh­ten. Diese Kampfhandlungen zogen sich bis in die Nacht hin, sodass die Einnahme von Höhe 171 auf den nächsten Tag verschoben werden musste. Weiter westlich machte auch das 60th IR rasche Fortschritte und nahm Acqueville bereits 30 min nach Beginn des Angriffes ein. Anschließend stießen zwei Bataillone auf die deutschen Stellungen südwestlich von Flotte­manville-Hague vor, wo sich beide Einheiten nach heftigen Gefech­ten bei Einbruch der Nacht eingruben.

Im Zentrum des Angriffes stand weiterhin die 79th ID, die im Raum zwischen den beiden Flüssen Divette und Trottebec eingesetzt wurde. Auf ihrem Vorstoß nach Cherbourg hatte die Division entlang der Straße Valognes – Cherbourg (heutige N13) drei stark befestigte deutsche Vertei­digungsstellungen zu überwinden, die bereits im Rahmen des Luftbombardements schweren Angriffen ausgesetzt worden waren. Die drei Regimenter der Division gingen nach dem Ende des Bombardements auf einer Linie um 14:00 zum Angriff über. Das an der rechten Flanke einge­setzte 313th IR stieß auf die erste befestige deutsche Stellung bei le Chèvres vor, eroberte den Bunker­komplex nach heftigem Gefecht bei Einbruch der Dunkelheit und stieß mit seinen 1st und 3rd Batta­lions gegen 02:00 bis zu der 1 km nördlich von le Chèvres gelegenen Kreuzung 177 (N13/D122) vor. Im Angriffszentrum der 79th ID wurde das 314th IR östlich von Tollevast in heftige Gefechte verwi­ckelt, alle Versuche, die deutschen Verteidiger bei Tage aus ihren Stellungen zu werfen, scheiterten. Erst bei Einbruch der Dunkelheit gelang es dem 3rd Battalion die deutsche Stellung westlich zu umge­hen und zusammen mit dem ihm nachfolgenden 1st Bn zur Straße Martinvast – la Glacerie (heutige D122) vorzurücken und damit zu dem auf Höhe der Kreuzung 177 weiter östlich liegenden 313th IR aufzuschließen. Das in der linken Flanke eingesetzte 315th IR bekämpfte während des Nachmittages deutsche Einheiten im Raum Hardinvast und sicherte somit die offene westliche Flanke der nach Norden vorstoßenden Regimenter 313th und 314th IR.

Am Ostflügel der Angriffsfront war das Hauptziel der 4th ID weiterhin die Eroberung des östlich von Cherbourg auf einem Höhenzug gelegene Tourlaville, eine Aufgabe, die dem im Zentrum der 4th ID vorrückenden 12th IR übertragen worden war. Das 12th IR, das von seiner Ausgangslinie, dem Bach­lauf der Saire an Nordwestrand des Waldgebietes Bois du Coudray, um 14:30 zum Angriff überging, konnte zwar nach kurzem Gefecht die Saire überqueren, blieb aber bereits nach wenigen hundert Metern im konzen­trierten Abwehrfeuer liegen. Da nun auch deutsche Truppen in den Rücken des den Angriff anführenden 3rd Bn infiltrierten und drohten, das Bataillon abzuschneiden, kam es zu heftigen Kämpfen im rückwärtigen Raum des Bataillons, in deren Verlauf der Bataillonskomman­deur, Lieutenant Colonel Dulin, tödlich verwundet wurde. Dennoch gelang es den Deutschen, die rückwärtigen Verbindungswege des 3rd Bn abzuschneiden, ein Schicksal, das am Vortag auch dem 22nd IR 1,5 km südöstlich der Höhe 158 widerfahren war.

Weiter westlich konnte das 8th IR, dessen ausgegebenes Tagesziel für den 22. Juni der Raum östlich des wichtigen Straßenknotenpunktes La Glacerie war, zwar im Laufe des Vormittages mit seinem 2nd Bn die Kreuzung 148 einnehmen, stieß dann aber mit seinen 1st und 3rd Battalions auf entschlos­sene Gegenwehr von Elementen der Kampfgruppe Rohrbach und blieb auf halber Strecke zu ihrem Tagesziel liegen. Das 3rd Battalion hatte an diesem Tag 31 Tote und 92 Verwun­dete zu beklagen.

Dem auf der rechten Flanke der 4th ID 1,5 km südlich der Höhe 158 stehenden 22nd IR wurde am 22. Juni als Tagesziel die Eroberung von Digosville befohlen. Da aber am Vortag deutsche Truppen in den rückwärtigen Raum des Regimentes eingedrungen waren und dessen Versor­gungs­wege abgeschnit­ten hatten, konnte das 22nd IR seinem Auftrag nicht nachkommen und verbrachte stattdessen den Tag damit, seine Nachschubwege freizukämpfen. Als die Lage gegen Spätnachmittag unter Kontrolle gebracht war, positionierten sich alle drei Bataillone des 22nd IR auf und um Höhe 158 und gruben sich für die Nacht ein.

Angriff auf die Landfront Cherbourg, 22. Juni 1944
Angriff auf die Landfront Cherbourg, 22. Juni 1944

Am 22. Juni gingen die drei Infanterie-Divisionen des US VII Corps um 14:00 zum Angriff auf die Stellungen der Landfront Cherbourg über. Trotz zum Teil erbitterter Gegenwehr der deutschen Verbände gelang es den US-Einheiten, den äußeren Stellungsring der deutschen Verteidigungsfront an allen Angriffspunkten zu durchstoßen.

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