Auf der Halbinsel Cotentin waren ab Sommer 1943 auch vier Sonderkonstruktionen für den Einsatz von Vergeltungswaffen im Bau, drei dieser Bauvorhaben (Cherbourg-Couville, Brix-Sottevast und Valognes-Tamer­ville sollten in der sogenannten „Erdschalung“ Bauweise erstellt werden (siehe Skiz­ze). Drei der Stellungswerke waren für den Abschuss bzw. die Lagerung von V1 Flugkörpern bestimmt (Cherbourg-Couville, Cherbourg-Brécourt und Valognes-Tamerville), eine Stellung war für Lagerung und Wartung der ballistischen V2 Rakete bestimmt (Lager- und Wartungsdepot für V2 Raketen bei Brix-Sottevast).

Der Standort der V2 Stellung Brix-Sottevast (Bezeichnung: Reservelager West – RLW – Bauvorhaben 51) wurde im Sommer 1943 ausgewählt, die Bauarbeiten begannen im Oktober 1943. Die riesige Baustelle zog jedoch aufgrund der notwendigen enormen Aushub-und Betonarbeiten für die angestrebte völlige Verbunkerung der Anlage (Länge: 92 m, Breite: 75 m, Höhe 28m, Decke: 5 m, Seitenwände: 4,5 m - siehe Bild) bald die Aufmerksamkeit der anglo-amerikanischen Bomberverbände auf sich. So wurde das Gelände zwischen Februar und Mai 1944 zehn Mal von insgesamt 261 Bombern angegriffen, die rund 600 Tonnen Sprengbomben abwarfen. Sottevast war am D-Day noch weit von einer Fertig­stellung entfernt und wurde am 21. Juni von dem 315th IR, 79th ID, überrannt.

Bei der Stellung bei Couville handelte es sich um einen von zwei Standorten auf dem Cotentin (der zweite war bei Valognes – Tamerville), der im Rahmen der sogenannten „Wasserwerk“ Serie eben­falls nach dem Bauprinzip der Erdschalung errichtet werden sollte. Hierbei handelte es sich um voll verbunkerte Lager- und Abschussstellungen für V1 Flugkörper, die 215 m lang, 36 m breit und 10 m hoch werden sollten. Zur Fertigstellung dieser monumentalen Bunker wurden 55.000 qm Stahlbeton benötigt. Das genaue Design der Bunker sowie der Abschussvorrichtungen ist ein Mysterium, da keines der geplanten Vorhaben aufgrund bald einsetzender Bombardierungen der Anglo-Amerikaner fertiggestellt werden konnte und bedauerlicherweise keine genauen Baupläne überliefert sind. Die Bauarbeiten am „Wasserwerk“ Couville (Wasserwerk Cherbourg Bauwerk 8 – B8) begannen im September 1943, bereits am 11. November griffen anglo-amerikanische Bomberverbände den Bau erstmals an. Bis zum 21. Januar 1944 sollten acht weitere schwere Angriffe folgen. Da die Zerstörungen massiv waren, wurden die Bau­arbeiten bereits Ende November 1943 weitestgehend eingestellt. Obwohl beabsichtigt war, die Stellung nicht fertigzustellen, fuhr man jedoch mit kleineren Bauar­beiten fort, um die feindlichen Bomberverbände über die prinzipielle Aufgabe der Anlage hinwegzu­täuschen und dadurch von der Bombardierung neuer Bauvorhaben abzulenken.

Statt das Wasserwerk B8 fertigzustellen, wurden die Bauanstrengungen nun verstärkt auf ein ehemaliges französisches Marinedepot bei Brécourt (am westlichen Stadtrand von Cherbourg) gerichtet. Die französische Kriegsmarine hatten dort in den Vorkriegsjahren riesige Tunnel in den Fels schlagen lassen, in denen insgesamt acht betonierte Tanks von gigantischen Ausmaßen (Länge 72 m, Höhe 10 m, Breite 15 m) eingelassen wurden, in denen Betriebsstoff für die im Hafen von Cherbourg liegenden Einheiten der franz. Kriegsmarine gelagert wurden. Die Wehrmacht konvertierte 1941 vier der sechs Tanks, indem drei Ebenen in die 10 m hohen Tanks eingezogen wurden. Auf diesen Ebenen wurden dann Unterkünfte und Werkstätten eingerichtet. Mit Befehl vom 17. Juli 1943 sollte das Gelände für den Fernkampf gegen England umgerüstet werden. Die Stellung war zunächst für die Lagerung und den Abschuss von V2 Raketen in Richtung England vorgesehen. Anfang 1944, als offensichtlich wurde, dass die V2 nicht vor September 1944 einsatzbereit sein würde und nachdem alle ernsthaften Bauanstrengungen am „Wasserwerk B8“ bei Cou­ville eingestellt worden waren, begann man damit, die Stellung Brécourt (die nun Wasserwerk 2, Ersatz B8 genannt wurde) für den Abschuss von V1 Flugkörpern umzurüsten. Hierzu sollten mindestens zwei Abschusskatapulte im Nordteil der Anlage installiert werden. Dazu kam es jedoch nicht mehr, die Invasion und die früh­zeitige Einnahme Cherbourgs führten dazu, dass Brecourt vor seiner Fertigstellung von US-Truppen erobert wurde.

Das Wasserwerk Valognes – Tamerville B7 (die zweite geplante „Wassermann“ Anlage zum Abschuss von V1 Flugkörpern neben dem Wasserwerk Cherbourg-Couville Bauwerk 8 – B8 auf dem Cotentin) geriet bis auf wenige Bauausführungen nie über die eigentliche Planungsphase hinaus. Nach dem verheerenden Bombenangriff auf das Wasserwerk Cherbourg-Couville Bauwerk 8 – B8 am 11. November 1943, der erhebliche Zerstörungen verursachte, wurde die Sinnhaftigkeit eines weiteren „Wasserwerk“ Bauvorhabens bei Valognes-Tamerville neu überdacht. Als dann in Dezember 1943 Feldmarschall Erwin Rommel den Atlantikwall auf dem Cotentin inspizierte, befahl er, die Arbeiten in Valognes-Tamerville einzustellen und stattdessen alle verfügbaren Kräfte und Ressourcen für den Ausbau des Atlantikwalles zu nutzen. Die Stellung in Tamerville wurde daher zu einer Einsatz-Stellung der neuen Generation (Reserve-Stellung) abgewertet und nicht weiter ausgebaut.

Neben den oben genannten Stellungen wurden auf dem Cotentin auch zwei Empfangs- und Verteilerzentren für V1 Flugkörper bei Valognes – la Tuilerie und bei Bricquebec - la Lucerine-du-bas gebaut. Um die Luftauf­klärung der Alliierten über den wahren Grund der Bauarbeiten zu täuschen, wurden die Lagerhallen der beiden Verteilerzentren nur aus roten Ziegelsteinen gemauert, insgesamt bis zu acht solcher Hallen wurden an jedem der beiden Standorte errichtet. Manche dieser Hallen waren bis zu 45 m lang und sollten in ihrer Gesamtheit je Standort eine Aufnahmekapazität von 100 V1 Flugkörpern bieten. Die V1 sollten in den Hallen nach ihrer Ankunft montiert und nach ihrer Fertigstellung  zu den Abschussstellungen alter und neuer Generation mit LKWs transportiert werden. Auch diese beiden Stellungen waren weit von einer Fertigstellung entfernt als die Alliierten am 6. Juni 1944 landeten.

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