Der Angriff auf Cherbourg - Phase I 19. - 21. Juni 1944

In seiner ursprünglichen Form sah der Plan des US VII Corps für die Einnahme von Cherbourg vor, den Angriff mit zwei Divisionen durchzuführen, die durch zusätzliche Panzer- und Artillerieeinheiten unterstützt werden sollten. Die 4th ID sollte von Südwesten her auf die Stadt vorrücken, die 90th ID sollte sich von Südosten her annähern. Die 9th ID sollte dagegen den Korridor bei St. Lo-d´Ourville blockieren und so die Südflanke gegen deutsche Gegenangriffe absichern. Am 18. Juni 1944 kam es jedoch auf einer Konferenz, an der Lieutenant General Bradley, Major General Collins sowie eine Reihe von Divisionskommandeuren teilnahmen, zu einer grundlegenden Änderung dieses Planes. Cherbourg sollte nun von drei US-Divisionen angegriffen und eingenommen werden. Die Gründe für diese Änderung waren die jüngsten Aufklärungsergebnisse über Kampfkraft und Stellungen der deutschen Einheiten, der schlechte Zustand der 90th ID während des vorausgegangenen Vorstoßes zur Westküste des Cotentin sowie vor allem auch die Verfügbarkeit von weiteren frischen Kräften, die in den vergangenen Tagen am UTAH Beach ange­landet waren.

Die First US Army Field Order No. 2 vom 18. Juni beinhaltete, dass die 4th ID (8th, 12th und 22nd IR) nun rechts, d. h. auf der Ostseite des Cotentin vorrücken sollte und die 9th ID (39th, 47th und 60th IR) auf der linken, d. h. Westflanke vorsto­ßen sollte. Zwischen beiden Divisionen, d. h. im Zentrum des Angriffes, sollte die 79th ID (313th, 314th und 315th IR) eingesetzt werden, die erst wenige Tage zuvor am 14. Juni in der Normandie gelandet war. Lieutenant General Bradley wies das VII Corps an, die deutschen Stellungen und Widerstandsnester an der Ostküste des Cotentin zu ignorieren und statt­dessen auf direktem Wege auf Cherbourg vorzustoßen. Die an der Ostküste gelegenen deut­schen Stellungen sollten vielmehr von der 24th Cavalry Recon­naissance Squadron (Teil der 4th Cavalry Group) mit ihren leichten M5 Stuart Panzern ausgeschaltet oder zumindest in Schach gehalten werden, damit sollte die offene rechte Flanke der 4th ID gegen mögliche deutsche Angriffe aus die­sem Raum abgeschirmt werden. Die 4th Cavalry Reconnaissance Squadron, eine weitere Aufklärungseinheit mit leichten Panzern, sollte dagegen zwischen den 9th und 79th IDs eingesetzt werden und die zwischen den beiden Großverbänden bestehende Lücke von rund 4 km schließen.

Die ursprünglich für den Angriff auf Cherbourg vorgesehene 90th ID sollte zeitgleich mit dem Beginn des Vorstoßes auf Cherbourg aus dem US VII Corps herausgelöst und an Stelle der 9th ID nach Süden in den Korridor östlich von St. Lo-d´Ourville verlegt werden. Mit dieser Verlegung wurde die 90th ID dem US VIII Army Corps unterstellt. Das US VIII Army Corps war bereits am 15. Juni auf dem Cotentin unter Major General Troy H. Middleton aktiviert worden und bekam den Befehl, die amerikanische Vertei­digungslinie von Carentan bis nach Barneville zu organisieren. Zu diesem Zweck wurden dem VIII Army Corps neben der 90th ID auch die 82nd und 101st Airborne Divisions unterstellt.

Der Angriff auf Cherbourg sollte am 19. Juni um 03:00 durch die 4th ID als nächtlicher Überraschungs­­­angriff eröffnet werden. Ohne vorheriges Artilleriebombardement sollten die 8th und 12th IRs der Division zur Startlinie, der südwestlich und nordöstlich von Montebourg verlau­fenden Eisen­bahnlinie vordringen, und anschließend von dieser Linie aus den Angriff westlich und östlich an Montebourg vorbei bis zum nordöstlich von Valognes gelegenen Höhenzug bei Tamerville voran­tragen. Um 10:00 morgens sollte dann das 3rd Bn, 22nd IR, von Westen her auf Montebourg vorsto­ßen und die Stadt einnehmen.

Im Zentrum und auf der linken Flanke der Angriffsfront sollten die 79th und 9th ID erst zwei Stunden später, nämlich um 05:00 morgens losschlagen. Tagesziel der 79th ID war der Höhenzug westlich und nordwestlich von Valognes, die 9th ID sollte sich dagegen bis zu dem zwischen den Ortschaften Rauville-la Bigot (östlich) und St. Germain-le Gaillard (westlich) gelegenen Höhen­zug vorkämpfen.

Amerikanischen Schätzungen nach wurde Cherbourg und die sogenannte Landfront Cherbourg von 25.000 – 40.000 Mann verteidigt, darunter auch viele Soldaten der Kriegsmarine, Luftwaffe, Luftab­wehr und sogar Arbeiter der Organisation Todt. Nachdem es der 9th ID gelungen war, mehrere Einsatzbefehle des deutschen LXXXIV. Armee-Korps bzw. der 77. ID abzufangen, besaßen die US-Strategen ein klares Bild über den Zustand der deutschen Verteidigungsanlagen im Norden des Cotentin. So bestand die Landfront Cherbourg aus einer Kette von rund 90 Wider­stands­nestern und Stützpunkten, die jedoch meist nur feldmäßig ausgebaut waren, da aufgrund der Befehle von Generalfeldmarschall Rommel die ohnehin äußerst knappen Ressourcen an Zement und Baumaterialien für den Bau und die Verstärkung des Atlantikwalles verwendet wor­den waren. Major General Collins wusste auch, dass Generalleutnant von Schlieben den Befehl erhal­ten hatte, sich unter hinhaltendem Widerstand langsam auf Cherbourg zurück­zuziehen und dem Gegner hierbei möglichst hohe Verluste zuzufügen und darüber hinaus vor allem auch Zeit zu gewinnen. Diese Zeit wurde für die Vorbereitung der Sprengung der Hafenanlagen von Cherbourg dringend benötigt.

Operationsziele für das VII Corps, 19. Juni 1944
Operationsziele für das VII Corps, 19. Juni 1944

Die Karte zeigt die Stoßrichtungen der drei für den Angriff auf Cherbourg eingesetzten US-Infanterie-Divisionen. Westlich die 9th ID, im Zentrum die 79th ID und östlich die 4th ID. Unterstützt wurden diese drei Großverbände durch mehrere Panzer- und Aufklärungseinheiten.

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