Es war den US-Amerikanern auch bekannt, dass die Deutschen die Zeit nach dem 14. Juni, dem Zeitpunkt also, an dem die offensiven Aktionen der Amerikaner an der Linie Montebourg Station – Montebourg - Quinéville ihr Ende fanden, geschickt genutzt hatten, um ihre Stellungen weiter auszubauen. An der West- und Nordwestflanke des UTAH Brückenkopfes war den im Dauereinsatz stehenden deutschen Verbänden bis zum 18. Juni dagegen keine Verschnaufpause gegönnt worden. Dort gab es daher so gut wie keine ausgebauten Stellungen, darüber hinaus hatte der nach langem Hin und Her endlich befohlene und dann doch im Großen und Ganzen gescheiterte Durchbruchsversuch von Teilen der 77. ID nach Süden zusätzliches Chaos und Verwirrung mit sich gebracht. Die Ameri­ka­ner erwarteten daher an der West- und Nordwestfront weitaus schwächere Gegenwehr der deutschen Ver­bände als im Nordostabschnitt bei Montebourg.

Der US-Aufklärung gelang es bis zum 18. Juni, Elemente zahlreicher deutscher Verbände zu identifizie­ren. An der Westflanke der deutschen Abwehrlinie standen den 9th und 79th IDs bzw. der 4th Cavalry Reconnaissance Squadron Reste der Grenadier-Regimenter 920 und 921 (243. ID), 1049 (77. ID) sowie des GR 1057 (91. ID) gegenüber. Die US 4th ID bzw. die 24th Cavalry Reconnaissance Squadron sahen sich den abgekämpften Einheiten der Grenadier-Regimenter 920, 921 und 922 (243. ID), 919, 729, 739 (709. ID), dem Sturm Bataillon AOK 7 (mit nur noch rund 100 einsatzfähigen Männern) sowie einigen wenigen Luftabwehr- und Artillerie-Einheiten gegenüber.

Der Angriff der 4th ID wurde pünktlich am 19. Juni um 03:00 eröffnet. Das westlich an Montebourg vorbeistoßende 8th IR geriet zunächst unter heftiges deutsches Abwehrfeuer der in diesem Abschnitt hinter der Eisenbahnlinie Montebourg – Montebourg Station in Stellung liegenden geschätzten 1.500 Mann des Sturm Bataillons AOK 7, des II./GR 729 sowie Elementen des II./921, die den Vormarsch der Amerikaner zunächst wirkungsvoll unterbinden konnten. Erst nachdem nach mehreren Stunden, in denen das 8th IR kaum Geländegewinne erzielen konnte, Sherman Panzer des 70th Tank Battalion in den Kampf eingriffen, begann die deutsche Verteidigungslinie zu zerbrechen. Im Verlauf des Tages gelang es dem 8th IR weitere Gelän­de­gewinne zu erzielen, das Regiment ging am Abend des 19. Juni zwischen la Victoire und Huberville in Stellung.

Auch dem östlich von Montebourg vorstoßenden 12th IR gelang es zunächst nicht, die deutsche Verteidigungslinie entlang der Eisenbahnlinie nordöstlich von Montebourg zu durchbrechen, zu stark war das gut liegende deutsche Mörser- und Artillerieabwehrfeuer. Der Durchbruch gelang erst nach drei Stunden, nachdem Panzerunterstützung in Form der A Company, 70th Tank Battalion, einge­troffen war. Die ersten Ziele, die beiden nördlich von Montebourg gelegenen Hügel 100 und Hügel 119 wurden gegen 10:00 bzw. gegen 16:00 eingenommen, das Regiment ging am Abend rund 2 Km östlich von Valognes in Stellung.

Da sowohl das 8th als auch das 12th IR erheblich mehr Zeit benötigten, um westlich bzw. östlich an Montebourg vorbeizustoßen, konnte das für die Einnahme der Stadt vorge­sehene 3rd Bn, 22 IR, nicht wie vorgesehen um 10:00 von Westen auf die Stadt vorrücken, sondern erst gegen 18:00. Das Bataillon fand Monte­bourg nach dem einwöchigen Bom­­­bardement der Amerikaner völlig zerstört und von der Wehrmacht verlassen vor. Lediglich rund 300 französische Zivilisten kletterten erschöpft und benom­men aus ihren Kellerverstecken und hießen die Amerikaner aufgrund der nahe­zu vollstän­digen Zerstö­rung ihrer Stadt nur sehr verhalten Willkommen.

Trotz anfänglicher heftiger Gegenwehr war der Widerstand der Truppen Generalleutnant von Schlie­bens an der Ostflanke nur wenig mehr als ein geordneter Rückzug auf die Landfront Cherbourg. Alles andere hätte auch keinen Sinn gemacht. Von Schlieben war sich völling im Klaren darüber, dass er an der Westflanke seiner Front keine vorbereiteten Stellungen und nur zahlenmäßig schwache und völlig abgekämpfte Einheiten stehen hatte, die den Amerikanern kaum Widerstand leisten konnten. So war an diesem Frontabschnitt ein rascher Durchbruch in Rich­tung Cherbourg absehbar, folglich waren die deutschen Truppen an der Ostflanke automatisch gezwungen, sich schnellstmöglich auf die Landfront Cherbourg zurückzuziehen, wollten sie nicht von den weiter im Westen vorstoßenden amerikanischen Verbänden abgeschnitten und im Rücken angegriffen werden. Dies hätte den schnellen Fall der Garnison Cherbourg bedeutet, was es unter allen Umständen zu verhin­dern galt.

Die durchgezogene, blaue Linie zeigt den Frontverlauf am Abend des 19. Juni. An der Ostflanke waren die Verbände der 4th ID (rotes Viereck) fast bis auf Höhe von Valognes vorgedrungen.

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