Kämpfe im Nordosten des Cotentin – Cap Lévy

Mit der Eroberung des Hafens von Cherbourg war das wichtigste Operationsziel des US VII Corps auf dem Cotentin erreicht. Bevor die Truppen jedoch nach Süden verlegt werden konnten, galt es noch die deutschen Einheiten auszuschalten, die sich westlich von Cherbourg auf der Halbinsel Cap de la Hague bzw. östlich von Cherbourg im Raum Cap Lévi verschanzt hatten.

Das 22nd IR, 4th ID, hatte die entlang der heutigen D900 gelegene Höhe 158 bereits am 21. Juni eingenommen und damit die wichtigste Verbindungsstraße zwischen Cherbourg und dem Nordosten des Cotentin unterbrochen. Vier Tage lang hatte das Regiment gegen deutsche Truppen gekämpft, um seine Nachschubwege nach Le Thiel offen zu halten. Nachdem das 12th IR am 24. Juni den östlichen Stadtrand von Cherbourg bei Tourlaville erreicht hatte und damit kurz vor dem erfolgreichen Abschluss seiner Operationen stand, konnte Major General Barton nun auch seine Aufmerksamkeit vermehrt darauf richten, die im Nordosten der Halbinsel Cotentin in einer Reihe von formidablen Befestigungswerken verschanzten deutschen Einheiten auszuschalten.

Diese Befestigungswerke bzw. Verteidigungsstellungen erstreckten sich ausgehend von Gonneville über den Flughafen von Maupertus bis hoch zum Cap Levy. Zwischen Cap Levy und Maupertus befand sich die weitläufige und stark ausgebaute Luftwaffenstation „Tausendfüssler“ (Stützpunkt Stp-235, Carneville „Osteck“). In unmittelbarer Nähe der mit über 20 Bunkern und mehreren Radar­anlagen der Typen Wassermann, Würzburg Riese und Freya ausgestatteten Luftwaffenstation (12./Luft-Nachrichten-Regiment 53) befanden sich mehrere deutsche Küstenbatterien.

Zuallererst zu nennen ist hier die bereits weiter oben beschriebene Marine-Küsten-Batterie „Hamburg“ (Stp-234, 3./M.A.A. 260), deren vier 24 cm Geschütze allerdings nicht in Richtung Süden auf die vorstoßende US-Infanterie gedreht werden konnten. Die Batterie verfügte jedoch darüber hinaus über zwei 7,5 cm Feldkanonen, sechs 7,5 cm Flakgeschütze, vier 2 cm Flak sowie zwei 5 cm KwK für die Nahverteidigung, diese Waffen stellten für die vorstoßenden US-Truppen eine erhebliche Gefahr dar. Neben der Batterie „Hamburg“ galten vor allem auch die Marine-Funkmessstation „Seeadler“ bei le Brûle (WN-201b, eine ehemalige franz. Batterie, die von den Deutschen nach der Besetzung Frankreichs mit ihren 9,4 cm Vickers Flakgeschützen über­nommen und zu einer Funkmessstation der Kriegs-marine ausgebaut worden war) sowie die Batterie „Ostmark“ bei la Judée (vier x 10,5 cm K.331(f) Kanonen, 5./AR 1709) als stark befestigt. Die deutschen Einheiten in diesen Abschnitt setzten sich überwiegend aus Elementen des Flak-Regimentes 30 sowie den abgekämpften Überresten der Kampfgruppe Rohrbach (Grenadier-Regiment 729 und weitere unterstellte Einheiten) zusammen.

Weiter nördlich entlang der Küste lagen eine ganze Reihe gut ausgebauter Batterien und Widerstandsnester, wie z. B. das WN-201a bei Port Pignot, das WN-201d Fort du Cap Levy, das WN-203 Pointe du Brick, das WN-130 Fort Joret, das WN-127 Réthoville Plage, der Stp-152 Gatteville (7./H.K.A.R. 1261, sechs x 15,5 cm K.420 (f)) und vor allem Stp-126 M.K.B. „Blankenese“ (Pointe de Neville, vier x 9,4 cm Vickers M39 (e) Flakgeschütze britischer Bauart, ?/M.A.A 260).

Das 22nd IR eröffnete seinen Angriff auf den Flughafen von Maupertus (offiziell wurde der Flugplatz unter der Bezeichnung Stp-505 „Flugplatz-Theville“ geführt) mit Unterstützung des 70th Tank Battalion sowie des 44th Field Artillery Battalion am 26. Juni um 11:00 mit allen seinen drei Bataillonen. Der Vorstoß kam aufgrund des heftigen Abwehrfeuers der 14 Widerstandsnester sowie der fünf Flakstellungen, die den „Flugplatz-Theville“ umgaben, nur langsam voran. Dennoch gelang es dem 1st Bn die deutschen Stellungen südlich des Flugplatzgeländes zu überrennen und Gonneville einzunehmen. Zeitgleich eroberte das 2nd Bn den westlichen Teil des Flugplatzgeländes, das 3rd Bn nahm den Ort Maupertus sowie den nördlichen Bereich des Flugplatzes ein. Trotz dieser anfänglichen Erfolge gelang es dem 22nd IR jedoch nicht, das Gelände des Flugplatzes ganz unter seine Kontrolle zu bringen, vereinzelter Widerstand flackerte immer wieder auf und erst am Morgen des 27. Juni war sämtliche Gegenwehr der deutschen Garnison gebrochen.

Colonel Foster, Kommandeur des 22nd IR, befahl nun seinen 1st und 3rd Battalions, weiter in Richtung Norden auf das Cap Levy vorzurücken. Das nächste große Bollwerk, dem die Amerikaner nun gegenüberstanden, war das Panzerwerk Osteck mit der darin integrierten Luftwaffenstation „Tausendfüssler“, ein Verteidigungskomplex, der über weitläufige Bunkeranlagen verfügte. Mit Hilfe der Sherman Panzer des 70th Tank Battalion und einem einleitenden Bombardement durch das 44th Field Artillery Battalion gelang es der US-Infanterie, die an der Peripherie der Befestigungsanlage liegenden Bunker nach und nach einzunehmen, nur der Hauptkomplex der Anlage, in der sich auch ihr Kommandant, Major Friedrich Küppers, befand, leistete noch Widerstand. Der deutsche Kommandant, zu dem die Amerikaner über eine Telefonleitung aus einem der eroberten Bunker Verbindung aufnehmen konnten, weigerte sich zunächst, vorzeitig die Waffen zu strecken. Am Morgen des 28. Juni nahm Major General Barton, Kommandeur der 4th ID, selbst Kontakt zu Major Küppers auf und zeigte diesem eine detaillierte Skizze der Luftwaffenstation, die darüber hinaus auch noch die Namen zahlreicher Offiziere und Unteroffiziere sowie deren jeweilige Aufgabenbereiche darstellte. Daraufhin besann sich der deutsche Offizier eines Besseren und befahl seinen Männern sowie auch den Artilleristin aller umliegenden Geschützbatterien, darunter auch die M.K.B. Hamburg, sich zu ergeben. Nahezu 1.000 Deutsche ließen sich anschließend widerstandslos gefangen nehmen.

Mit der Kapitulation des Panzerwerkes Osteck bzw. der Luftwaffenstation „Tausendfüssler“ sowie der umliegenden Geschützbatterien kam nach der Einstellung der Kampfhandlungen in Cherbourg nun auch in der Nordosthälfte des Cotentin jeglicher organisierter Wider-stand deutscher Truppen zum Erliegen.

Operationen der 4th ID am Cap Lévi
Operationen der 4th ID am Cap Lévi

Am 26. Juni 1944 eröffnete das 22nd IR, 4th ID, unter Colonel Foster den Angriff auf das Flugfeld Maupertus. Nachdem der deutsche Widerstand am Morgen des 27. Juni gebrochen war, rückten die US-Truppen in Richtung Luftwaffenstation "Tausendfüssler" (Osteck) vor, die nach langen Verhandlungen am 28. Juni in aussichtsloser Lage kapitulierte. Nach der Kapitulation der  Luftwaffenstation "Tausendfüssler" streckten auch die in der Nähe liegenden Batterien (Hamburg, Seeadler und Ostmark) die Waffen.

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