Im Verlauf des 8. Juli trafen die ersten deutschen Verstärkungen des II. Fallschirm-Korps im Kampf­gebiet westlich der Vire ein. Dennoch konnte die Schnelle Brigade 30 sowie die ebenfalls abgestellte Fallschirm-Aufklärungs-Abteilung 12 zusammen mit der Kampfgruppe Heintz den Vorstoß der überle­genen US-Truppen an diesem 8. Juli bestenfalls verzögern, jedoch nicht stoppen. Dennoch gab es auf Seiten der 7. Armee die Hoffnung, die Front zwischen Taute und Vire erneut stabilisieren zu können. Am Nachmittag war die Geneh- migung vom OB West eingetroffen, die 5. Fschjg.Div. aus der Bretagne in die Normandie zu verlegen. Somit bestand die Möglichkeit, nach dem Eintreffen der Fallschirm­jäger die Kampfgruppe Wisliceny wieder zurück in den Raum westlich der Taute zu verlegen.

Noch bedeutender war jedoch die Nachricht, dass die Panzer-Lehr-Division (Generalleut- nant Fritz Beyerlein) unter das Kommando des LXXXIV. Armee-Korps gestellt worden war und den Auftrag erhalten hatte, den Einbruch der Amerikaner im Kampfraum Taute – Vire mit einem Gegenangriff zu bereinigen. Dieser Angriff würde jedoch frühestens am 10. Juli stattfinden können, da die Division noch auf dem Anmarsch aus dem britischen Sektor bei Tilly-sur-Seulles war. Die deutschen Verbände im Kampf­raum Vire-Taute (Kampfgruppe Heintz, Schnelle Brigade 30, Fallschirm-Aufklärungs-Abtei­lung 12 sowie eine Kampf gruppe des SS-Pz.Gren.Rgt. 38) waren also zunächst noch auf sich allein gestellt.

Am 9. Juli um 02:00 nachts gab die 30th ID ihre Befehle in Field Order No. 4 für den kommenden Tag bekannt. Dem im Raum la Benardrie stehenden Einheiten des CCB (Brigadier General John J. Bohn) wurde befohlen, Höhe 91 bei les Hauts Vents einzunehmen, die Infanterie-Regimenter der 30th ID sollten den Panzern in südlicher Richtung folgen, das 120th IR mit dem 743rd Tank Battalion an der Westflanke, das 117th IR entlang der N 174 sowie das 119th IR an der Ostflanke im Windschatten des CCB. Bis die vom US VII Corps in den Kampfraum entsandte 9th ID am Ostufer der Taute eingetroffen war, sollte die 113th Cavalry Group den Raum Graignes – la Goucherie sichern, das 823rd Tank Destroyer Battalion sicherte die Straßenkreuzung bei le Fleurion vor möglichen deutschen Angriffen, die aus Richtung Süden entlang der N 174 erwartet wurden.

CCB begann seinen erneuten Vorstoß in Richtung Höhe 91 am frühen Morgen des 9. Juli, kam aber auf den aufgrund der wochenlangen Regenfälle stark aufgeweichten schmalen Wegen bzw. in der Hecken­landschaft des Bocage nur langsam voran. Am frühen Nachmittag begab sich Brigadier Gene­ral John J. Bohn an die Spitze seiner Einheit, um die Gründe für deren langsames Vorankommen in Erfahrung zu bringen. Nach einer heftigen Auseinan- dersetzung mit dem Kommandeur des führenden Panzer-Bataillons übernahm Brigadier General Bohn selbst das Kommando über das Panzer-Bataillon und entsandte 8 Sherman Tanks der I Company, 33rd Armored Regiment, die ohne Flankendeckung und ohne Infanterie­begleitung so schnell wie möglich entlang der heutigen D 546 bis zur N 174 vorstoßen und dort auf Höhe des Château de la Mare auf diese links, d. h. in Richtung Süden eindrehen sollten. Nach einigen Hundert Metern auf der N 174 sollten die Panzer dann auf eine nach les Hauts Vents in südwestlich Richtung führende Straße abbiegen (heutige D 377) und über le Rocher bis zur Höhe 91 vordringen. Die 8 Sherman Tanks erreichten tatsächlich die N 174 gegen 16:30, bogen dort aber irrtümlicherweise nicht nach links sondern nach rechts, d. h. nach Norden ab. Die US-Panzer rollten demnach direkt auf das von Norden entlang der N 174 vorstoßende 117th IR zu. Als die führenden Elemente des 117th IR die auf sie zurollenden Panzer entdeckten, hielten die noch unerfahrenen GIs die Panzer für deutsche Fahrzeuge und begannen sich in Richtung Norden abzusetzen. Bald erreichten die Flüchtenden die erste Linie von Panzerabwehrgeschützen des bei der Straßenkreuzung von le Fleurion in Stellung liegenden 823rd Tank Destroyer Battalion und verbrei­teten die Schreckenskunde eines sich nähernden deutschen Panzerverbandes. Als die ersten Silhou­etten der Shermans auf der N 174 sichtbar wurden eröffneten die Kanoniere des 823rd Tank Destroyer Battalion das Feuer. Im Nu brannten zwei Shermans lichterloh. Die verbliebenen 6 Sher­mans erwiderten prompt das Feuer, zogen sich nach kurzem Gefecht dann aber zurück, machten kehrt und verschwanden auf der N 174 in Richtung Süden. Dieser Zwischenfall forderte unten den Panzer­besatzungen sowie unter den Kano- nieren der Pak 10 Tote und Verwundete.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit meldete einer der Panzerkommandanten der verblie- benen 6 Sher­mans an die Funkleitstelle des CCB, dass man Höhe 91 erreicht und besetzt habe. In der Zwischenzeit hatte auch die Hauptstreitmacht des CCB gute Fortschritte erzielt und es begann sich abzuzeichnen, dass die Panzereinheit noch vor Einbruch der Nacht les Hauts Vents erreichen könnte. Jedoch setzte ein unerwarteter Haltebefehl dem Vormarsch ein Ende. Höhere Stellen befürchteten einen massiven deutschen Gegenstoß während der Nacht, da die US-Aufklärung gemeldet hatte, dass sich ein starker deutscher Panzerverband (die Panzer-Lehr-Division) im Anmarsch auf den Taute – Vire Kampfraum befand. Nachdem die Hauptstreitmacht des CCB den auf Höhe 91 vorgestoßenen Sherman Panzern nicht nachfolgte, die Gründe für das Ausbleiben der Verstärkung aufgrund von Funk- problemen nicht an die Kommandanten der 6 Sherman Panzer mitgeteilt werden konnten, verharrten diese die Nacht über auf Höhe 91 und zogen sich dann am Morgen des 10. Juli nach Norden zurück. So wurde die bereits ein Besitz genommene, strategisch wichtige Höhe 91 wieder kampflos aufgegeben. Brigadier General John J. Bohn wurde noch am Spätabend des 9. Juli aufgrund der nicht zufriedenstellenden Leistungen des Combat Command B seines Postens enthoben und durch Colonel Dorrance Royden ersetzt.

8. Juli Abends - Positionen der Einheiten der 30th ID bzw. CCB
8. Juli Abends - Positionen der Einheiten der 30th ID bzw. CCB

Am Abend des 8. Juli hatten sich die Einheiten der 30th ID sowie des CCB, 3rd Armored Division, weiter in Richtung Süden vorgekämpft. Die 113th Cavalry Group hielt die Kampfgruppe des SS-Pz.Gren.Regt. 38 im Raum Goucherie - Le Mesnil Veneron in Schach während die 117th, 119th und 120 th IR bzw. Task Force X des CCB bis auf Höhe von la Herourie - les Osmonds - la Bernaderie vorgerückt waren..

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